Informationsrechte der Gewerkschaften

06.09.2013

Wer Öffentlichkeitsarbeit im Betrieb machen will, muss die Rechtsgrundlagen kennen. 
Man muss wissen, welche Rechte die Gewerkschaften haben und was bei Veröffentlichungen zu beachten ist.


Das Recht der Gewerkschaften auf Werbung und Information in den Betrieben ist vom Grundsatz her gesichert. Sowohl die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten als auch Beauftragte der Gewerkschaft dürfen im Betrieb Informationsmaterialien verteilen und Werbung für die Gewerkschaft machen.


Die Rechte der Gewerkschaft im Betrieb bestehen in originären Gewerkschaftsrechten gemäß Art. 9 III Grundgesetz.

Die Koalitionsfreiheit nach dem Grundgesetz:

Das Grundgesetz gewährleistet den Schutz der Gewerkschaft in ihrer Koalitionsfreiheit mit dem Recht auf eine eigene Organisationsform mit eigener verbandsinternen Organisation und dem Recht, diese Koalition zu erhalten und zu sichern. Was sich so allgemein und unkonkret anhört ist der Schutz, für die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen einzutreten und in diesem Kontext die Interessen ihrer Mitglieder in dem antagonistischen Interessensgegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den das Grundgesetz anerkennt, zu vertreten. Ganz konkret sind dies die Sicherung der Tarifautonomie mit dem Streikrecht zur Herstellung und Wahrung eines Verhandlungsgleichgewichts und das Recht auf Mitgliederwerbung und Information über die Ziele der Gewerkschaft innerhalb des Betriebes.
Voraussetzung für die Werbung für die Gewerkschaftsziele und die Mitgliederwerbung innerhalb des Betriebes ist nicht zwingend, dass die Gewerkschaft auch mit einem Mitglied im Betrieb vertreten ist. Die Gewerkschaft hat somit das Recht auf Zutritt in den Betrieb, wie das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden hat (BAG 1 AZR 460/04 und 461/04 vom 28.02.2006).

In einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) heißt es dazu:

"In den Betriebsräumen spielt sich das Arbeitsleben ab und dort werden die Leistungen erbracht, für die die Arbeitnehmer tarifvertraglich entlohnt werden. Dort tauchen die Fragen auf, die sich aus der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und aus der Zusammenarbeit der Arbeitnehmer untereinander ergeben. Deshalb gehört es zum Kernbereich der verfassungsrechtlich den Koalitionen zugebilligten Werbe- und Informationsfreiheit, auch und gerade im Betrieb ihre Mitglieder zu informieren und neue Mitglieder zu werben." (Bundesarbeitsgericht vom 14.2.67 - 1 AZR 464/65)

Bei der Verteilung von Gewerkschaftsmaterialien sind aber Spielregeln einzuhalten.

Flugblätter oder Betriebszeitungen können nur vor oder nach der Arbeit, bzw. während der Pausen weitergegeben werden. Ein Gewerkschaftsmitglied hat laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 grundsätzlich das Recht, jederzeit und damit auch während der Arbeitszeit für seine Gewerkschaft zu werben (BVerfG vom 14.11.1995 -1 BvR 601/9z). Lediglich die nachhaltige Störung des Arbeitsablaufs bzw. des Betriebsfriedens wäre ein Hinderungsgrund, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, das dem Arbeitgeber aber gleichzeitig auferlegt, dies schlüssig zu beweisen (LAG Schleswig-Holstein vom 01.12.2000-6 Sa 562/99).

Erlaubt sind alle Themen rund um die Arbeitswelt, Wirtschaft und Sozialpolitik,

auch wenn sie von allgemeinem politischen Interesse sind.  Dabei müssen die Äußerungen sachlich sein. Dies kann auch Kiritk und Polemik beinhalten, aber keine Beschimpfungen, Beleidigungen oder das Anprangern von Angelegenheiten aus dem privaten Umfeld.  Wer es noch detaillierter wissen will, kann hier weiterlesen.

Werbung ist erlaubt

  • Die Gewerkschaft hat auch das Recht, ihre gedruckten Informationen wie Flugblätter und Plakate an einer hierzuvorgesehen Stelle im Betrieb wie z.B. am Schwarzen Brett auszuhängen (BVerfG vom 17.021981- 2 BvR 384/78, BAG vom 14.02.1978 - 1 AZR 280/77). 

  • Neben dem Aushang dürfen auch Flugblätter und anderes gewerkschaftliches Informationsmaterial sowohl vor als auch im Betrieb verteilt werden (BVerfG vom 17.02.1981 - 2 BvR 384/78, BAG vom 14.02.1978 - 1 AZR 280/77). 

  • Sie dürfen auch während der Arbeitszeit an ihrer Arbeitskleidung Anstecknadeln und Plaketten tragen, mit denen auf Forderungen der Gewerkschaft wie z.B. während einer laufenden Tarifrunde ("0,5% mehr Lohn - das ist ein Hohn") oder Kampagne ("Stopp Bolkestein") hinweisen

  • Auch Unterschriftenaktionen sind im Rahmen dieser Gewerkschaftsrechte abgesichert. 

  • Gewerkschaftsmitglieder dürfen aber auch persönliche Gespräche während der Arbeitszeit mit ihren Arbeitskollegen zur Mitgliederwerbung führen, soweit dadurch die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird(BVerfG vom 17.02.1981 - 2 BvR 384/78), (BAG vom 23.02.1979 - 1 AZR 172/78) 

Neue Medien schaffen keine neue Rechtslage

  • Im Rahmen ihrer koalitionsrechtlichen Aufgaben haben Gewerkschaften das Recht, Werbungs- und Informationsmaterialien in digitalisierter Form über die im Betrieb vorhandenen IT-Dienste und -Netze zu transportieren (insbesondere E-Mail-Systeme). Dies beinhaltet auch einen Anspruch auf Einstellung gewerkschaftlicher Inhalte in ein betriebliches Intranet. Der Arbeitgeber muss eine entsprechende Nutzung zulassen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Rechtspositionen des Arbeitgebers unzumutbar beeinträchtigt werden. Dies ist vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen
  • Bestehen aus dem Betrieb heraus allgemeine Zugangsrechte zum Internet, können Beschäftigte diese nutzen, um auf Informationsangebote der Gewerkschaften zuzugreifen. Gezielte Nutzungseinschränkungen durch den Arbeitgeber wären ein unzulässiger Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsrecht der Gewerkschaften gemäß Art. 9 Abs. 3 GG.

  • Die Versendung von Werbe- und Informationsmaterialien auf elektronischem Weg ist auch dann zulässig, wenn dies zur Folge hat, dass die Beschäftigten sich hiermit während ihrer Arbeitszeit befassen. Eine andere Bewertung kann sich im Einzelfall nur aufgrund einer substantiierten Darlegung des Arbeitgebers ergeben, die zur Feststellung führt, dass der Eingriff auch als Ergebnis einer Interessenabwägung nicht hinnehmbar ist.

  • Gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern stehen in Wahrnehmung koalitionsrechtlicher Aufgaben die gleichen Nutzungsansprüche und -rechte zu wie Gewerkschaften selbst. In diesem Rahmen können einzelne gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer sowohl innerbetrieblich die ihnen zur Verfügung stehenden IT-Dienste und -Netze nutzen als auch von außen über einen privaten E-Mail-Account auf elektronischem Weg Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen im Betrieb aufnehmen.

In diesem Zusammenhang ist auch das Urteil vom Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 zu beachten. Siehe auch: http://www.onlinerechte-fuer-beschaeftigte.de/

Diese Rechte haben auch alle gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter/innen am KIT, egal ob sie zum KIT übergehen oder widersprechen und Landesangestellte/r bleiben.


(Quelle: http://acdnerft.verdi.de/besondere-dienste.hessen/service_fuer_aktive/rechte_der_gewerkschaft_im_betrieb)